Wie geht es weiter? Diskussion zu Energiefragen angesichts der Folgen des Ukraine-Kriegs.

Die Ortsvereine SPD Barkauer Land sowie SPD Wankendorf, Stolpe und Umland hatten dazu am 25. Oktober 2022 Bengt Bergt (MdB) in das DGH Kirchbarkau eingeladen. Auch Verteidigungsfragen sollten, wie angekündigt, an diesem Abend mit Dr. Kristian Klinck (MdB) erörtert werden. Als Mitglied im Verteidigungsausschuss musste sein Kommen leider kurzfristig abgesagt werden, da er sich auf Delegationsreise in den Irak befand. Die Ortsvereinsvorsitzenden Franz-Josef Pröpper aus Kirchbarkau und Sabine Friedel aus Wankendorf bedauerten natürlich die Abwesenheit von Kristian Klinck, aber räumten ein, dass das Thema Energie die fast 40 Teilnehmenden stärker interessieren würde und damit Bengt Bergt als Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie ein größerer Zeitrahmen eingestanden werden könnte.

Bengt Bergt entfachte dann auch gut 30 Minuten lang ein Feuerwerk an Informationen zu vielen aktuellen Energiefragen: Es ging um sichere Energieversorgung durch das Gasspeichergesetz, das am 30 April in Kraft getreten ist; das Ziel von 95% Füllstand ist jetzt schon überschritten! Es ging um das Energiesicherungsgesetz von 1975, das Ende September novelliert wurde, um eine Treuhandverwaltung oder Enteignung von Unternehmen der kritischen Infrastruktur zu ermöglichen. Weiterhin war die Rede von einem „überragenden öffentliche Interesse“ im Erneuerbaren Energie Gesetzt (EEG); das soll die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Bengt Bergt führte dazu drastisch aus, dass „im Ernstfall die Brechstange angesetzt wird“: „Du wirst zwar entschädigt, aber gegen deinen Willen wird eine Maßnahme von überragendem gesellschaftlichem Interesse durchgesetzt!“ Beim Bau der Pipelines über Land für LNG-Terminals kommt dieses Prinzip schon zur Anwendung. Es ging auch um das jüngst beschlossene 200-Milliarden-Paket gegen hohe Energiepreise, das von der EU kritisiert wird. Dabei geht es hier um zielgenaue Hilfen für die Haushalte und nur zum geringen Teil von ca. 12 Milliarden für angeschlagene Wirtschaftsunternehmen. Weiterhin ist der sog. Solardeckel abgeschafft, d.h. Photovoltaik ist jetzt EEG-förderfähig. Auch die Windkraft spielt eine große Rolle: Das „Wind-an-Land-Gesetz“ soll den Ausbau der Windenergie schneller voranbringen; bis Ende 2032 müssen die Länder 2% der Bundesfläche für Windenergie bereitstellen, dabei sind Repowering-Maßnahmen vorzuziehen und auch hier heißt es, dass der Betrieb von Windenergieanlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegt. Sogar das Bundesnaturschutzgesetz ist entsprechend novelliert worden. Für Biogas-Technologie heißt es „umschalten statt abschalten“: Biomethan, Elektroenergie oder Wärme-Kraft-Kopplung muss auch mit organischen Abfällen, strukturreichen oder flüssigen Substraten, mit Hausmüll oder Speiseresten möglich sein. Die ersten LNG-Terminals sollen zum Jahresende fertig sein, dazu trat ein LNG-Beschleunigungsgesetzt am 1. Juni 2022 in Kraft: Vier große deutsche Gasimporteure haben zugesichert, sie sofort maximal zu beliefern. In LNG-Terminals wird das Flüssiggas erwärmt, verdichtet und als Gas in das Hochdrucknetz eingespeist. Natürlich kann von dort auch der Weitertransport von LNG in Kesselwagen oder Bunkerschiffen erfolgen. Für die neuen Terminals gibt es bereits eine Zukunftsperspektive für klimaneutrale Energieträger, indem diese ab 2025 nur noch für den Transport von Wasserstoff genutzt werden dürfen. Auch damit soll sichergestellt sein, dass Klimaneutralität spätestens 2045 erreicht werden kann. Bengt Bergt betonte: „ Das Ziel ist wichtig, wir brauchen einen Plan!“

In der anschließende „Fragestunde“ – tatsächlich war die Veranstaltung erst nach zwei Stunden beendet – zeigte sich der Referent sehr gut informiert und beantwortete mit Geduld und guten Vorschlägen alle angesprochenen Problemfelder. Bgm. Jedicke erhielt zunächst das Wort und meinte, wir erzeugten unsere Daseinfürsorge bisher schon weitgehend regional und würden gern auch unsere Energie regional erzeugen. Wir hätten ein Stromproblem, größer noch ein Wärmeproblem, dabei seien Potentiale z.B. für PV-Anlagen vorhanden. Warum sollten wir nicht im Barkauer Land gemeinsam unseren Strom erzeugen, gemeinsam einen Speicher betreiben und die Energie für weniger als 30 Cent allen zukommen lassen können. Wie könnten wir als Genossenschaft Energie erzeugen und verteilen ohne Energieversorger zu sein. „Gibt es also eine Quartierskonzept?“, war des Bürgermeisters Frage und er ergänzte: „Wir brauchen fachgestützte Hilfestellung, um entsprechende Förderprogramme zu nutzen, das Amt ist überfordert und wir sind Laien-Politiker!“ Bengt Bergt führte dazu aus, dass das Land SH bei Solaranlagen auf das Raumordnungsrecht verzichtet und damit die Gemeindeplanung „durchschlagen“ kann. Er brachte dann das Beispiel eines Ökoprojekts der Gemeinde Traventhal bei Schwissel (A21): Mit Windkraftanlagen, Strohvergärung und Solarthermie will die Firma LORIKA Strom und Wärme erzeugen, speichern und abgeben. Bengt Bergt empfiehlt, mit der Gemeinde Kontakt aufzunehmen und mehr über das dortige Konzept zu erfahren. SPD Vorsitzende Sabine Friedel wies dann auf das aktuelle Energetische Quartiersprojekt in Wankendorf hin: Da geht es erstens um Energieersparnis. Dazu werden für drei „Musterhäuser“ verschiedener Bauweisen und Baujahre Maßnahmen durchgeplant und stehen dann im Internet mit Vorschlägen zur Verfügung, so dass man sich über Möglichkeiten und Fördertöpfe informieren kann. Zweitens geht es auch um eine zentrale Wärmeversorgung. Also auch in unmittelbarer Nähe gibt es ein Studienbeispiel.

Natürlich gab es noch viele Fragen aus dem Publikum, mit denen Bengt Bergt konfrontiert wurde, doch die wichtigsten Problemfelder sollten hier dargestellt sein und der SPD Vorsitzende Franz-Josef Pröpper beendete die Veranstaltung mit der Bitte an den Referenten, dass er doch vor dem nächsten Winter ein Update seiner Ausführungen hier vor Ort vorbringen möge.